Um den Voralpensee haben sich
breitschultrige Häuser versammelt
und markieren ihre Reviere
durch mauerartige Dornenhecken
und geflügelte Einfahrten
mit allerlei Schwermetallvariationen
und einem Hinweisschild,
das vor dem Hunde warnt.
Achtung, Werbung:
Traumhafte Zäune! Riesensortiment!
Abgrenzungen aller Art!
Maximal blickdicht, manns- oder
hausfrauenhoch, wetterbeständig,
trotzig, spießig, sicher!
Aus Holz, Metall, Beton oder Elfenbein!
In der Farbe Ihrer Wahl!
Auf Wunsch angespitzt, mit Stacheldraht
oder messerscharfen Bauelementen versehen!
Beschränken Sie noch heute Ihren
Horizont so hoch, massiv und eindrucksvoll,
wie es Ihnen zusteht!
Lassen Sie die Welt draußen und zeigen Sie,
dass Sie sich selbst genug sind!
Bleiben Sie unter sich und Ihresgleichen!
Unsere Zäune werden Ihnen dabei helfen!
Ihr Zaunbauer, verbunden im Kleingeiste
Geharkte Flächen signalisieren
verbotene Wege.
Schlösser, Ketten und Schilder
weisen auf die beschränkte
Zutrittsberechtigung hin.
Versteckte Blicke durchschauen
Gardinen und Ziersträucher.
Der Ordnung halber.
Das lieblich im Schein der Sonne
badende Paradies ist untergliedert
in lückenlos überwachte Parzellen.
Wie eine Zuteilung des Glücks,
für Habende und Nichthabende.
Das ist keine Ausgrenzung!
Aber auch keine Eingemeindung!
Das ist halt so.
Der selbstverständliche
Status quo ist ein
g r o ß f l ä c h i g e r
trennender Zähler.
Wir müssen draußen bleiben!
Doch
dann
zieht
ein
Unwetter
auf.
Als ein bedrohlich aufgetürmter
Wolkenprotz, der sich auf die
gepflegte Kulisse fläzt wie ein
großspuriger ungebetener Gast.
Der ungeduldige Regen platzt aus
der inkontinenten Cumulonimbusblase
und ergießt sich wie eine
spöttische Ausscheidung der
Götter über das Gelände,
a w s a i e H e
l o i l m h i r
s l e l e m t
l e m m r
t s a e ä
e l l n
n i b k
g l e
e a n
n u
Windböen schmeißen sich so
energisch gegen Fenster und
Dächer, als versuchten sie,
diese aufzubrechen, um das
muffige Innenleben mit frischer
Luft zu fluten.
Die zügellosen Sturzbäche auf
Häuserwänden und Strassen
lassen alles durcheinander
purzeln, verrutschen und
zerfließen wie in den Gemälden
Kandinskys.
Sorgsam drapierte
Kübelpflanzenbarrieren werden
gestürmt, besenreine
Parkplätze besudelt und
kataloggetreue Vorgärten
versinken im Liquiditätsüberschuss.
Die scharfen Grenzen der
gepflegten Befindlichkeiten
verschwimmen, als würde die
Schöpfung jedes kleinkarierte
Hindernis als Majestätsbeleidigung
verstehen und hinwegfegen wollen.
Die mit aufgemalter Tradition
posierenden Fassaden werden im großen
Waschbecken des Naturschauspiels
abgespült wie verkrusteter Dreck.
g
i
t
r
l a
e s
k n
c n o
e e i
e d g s
g y n o
i l i l
n l r p f
i u p x u
E G s e a ,
als wären Kanalisationsterroristen
am Werk und würden die Luken zur
Kloake öffnen, um das unterdrückte
Abwasser zu befreien.
Dabei werden die sonst in der
unsichtbaren Abgeschiedenheit
versteckten fäkalen Geheimnisse
heraus gespült und plätschern
nun befreit und unverhohlen
die Promenade entlang.
Betreten verboten!
Der Gestank von Pisse und Scheiße
verschmiert die Luft und mischt
sich mit dem Geruch der
verwüsteten Geranienplantagen.
uǝʇun ist nun oben. Und ʇɹɥǝʞǝƃ ɯn.
Die sorgfältig behüteten Formen
der Bürgerlichkeit lösen sich
in anarchischen Wohlgefallen auf,
der alles neu zusammensetzt.
Wie nach einem kapitalen Unfall
liegen die einst so geordneten
Gliedmaßen der Landschaft nun
geborsten herum, stehen Kopf oder
sind in alle Himmelsrichtungen
verstreut, als wären sie in einem
abstrakten Puzzle neu und wahllos
deplatziert worden.
Und plötzlich hat die Idylle
ein neues Gesicht.
Wild und ungeschminkt.